Der Prophet der Barmherzigkeit

Der Prophet Der Barmherzigkeit

Wir glauben, daß die folgende Geschichte einen Ein­druck in jedem Herzen hinterlassen wird, entsprechend dem jeweiligen Horizont und Fassungsvermögen. Abû Bakr as-Siddiq (der Wahrhaftige) erfuhr während seines gesamten Lebens eine immer aufs neue verschiedene, tiefe Freude und Zufriedenheit durch sein Zusammensein und seine Freundschaft mit dem Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden! Er, der aufs Engste vertraut war mit den Geheim­nissen seines Prophetentums hatte selbst dann, wenn er mit ihm zusammen war, Sehnsucht nach ihm.

Als er den gesegneten Propheten – Allahs Segen und Frie­de seien auf ihm – sagen hörte:

„Vom Besitz keines anderen habe ich soviel Nutzen ge­habt, wie vom Besitz des Abû Bakr." Antwortete Abû Bakr -möge Allah mit ihm zufrieden sein – unter Tränen: „Gehören denn nicht ich und mein ganzer Besitz dir, O Gesandter Allahs?"10

10. Ibn Mâjah, Fadâil Ashâb an-Nabîy 11, Ahmad ibn Hanbai, al-Musnad, II, 253; Ibn Hibbân, as-Sahîh, XV, 273; Ibn Abi Âaim, as-Sunna, 11,577

Er machte so deutlich, daß er sich selbst mit allem was er besaß dem gesegneten Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – hingegeben und sich selbst damit förmlich in ihm aufgelöst hatte. Im Sufismus wird dieser Zustand als „fanâ fi rasul", als „Entwerdung" im Gottesge­sandten" bezeichnet. Er hatte all seinen Besitz auf dem Wege des Propheten hingegeben.

Als der Prophet – Allahs Segen und sein Friede seien auf ihn – einmal sagte:

„Unterstützt die Soldaten!"

brachte Abû Bakr alles was er hatte und als ihn der Ge­sandte Allahs fragte:

„Was hast du für deine Familie und Kinder behalten?" antwortete er mit der Inbrunst vollkommenen Glaubens:

„Allah und Seinen Gesandten . . .!"11

Muawiyyah ibn Abî Sufyân sagte über ihn: „Die Welt hatte kein Verlangen nach Abû Bakr und auch er hatte kein Verlangen nach dieser Welt!"12

Der Prophet – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden – war besorgt um Abû Bakrs Familie und wollte sicherlich nicht, daß sie in Armut leben. Daß Abû Bakr all seinen Besitz hingab stellte eine große Ausnahme unter den Prophetenge­fährten dar und war nur deshalb möglich, weil seine Familie außergewöhnliche Geduld und starkes Gottvertrauen besaß.

11. Tirmidhî, Manâqib 16; Abû Dâwûd, Zakât 40; Dârimî, Zakat 26; al-Hâ-kim, al-Mustadrak,l,57’i; al-Bayhaqî, as-Sunnan, IV, 180; al-Bazzâr, al-Musnad, I, 263, 394.

12. Ahmad ibn Hanbal, Kitâb az-Zuhd

Allah war der Helfer, der Unterstützer, der Schutz und der Gastgeber dieser beiden erhabenen Reisenden. Die bedauernswerten Verfolger sahen, als sie den Eingang zur Höhle Thaur erreichten, nichts als ein Spinnennetz, so daß sie sicher waren, niemand könne in dieser Höhle sein. Wie der Dichter Arif Nihat Asyalı sagt:

„Das Spinnennetz war nicht in der Luft Noch war es im Wasser, noch auf dem Boden, Es war vor den Augen derer die blind für die Wahrheit war’n"13

Die beiden ehrwürdigen Reisenden erreichten unter der göttlichen Obhut Quba am Rande Medinas. Lange schon wa­ren sie voller Sehnsucht erwartet worden und als sie nun endlich ankamen, erfüllte den ganzen Ort eine Stimmung ti­ef empfundener Freude und großen Glücks. Die Gesänge des „tala’al-badru alaynâ" („der volle Mond ist über uns aufge­gangen"), die von den Hügeln klangen, widerhallten wie Wogen gen Himmel und erfüllten die Herzen mit Begeiste­rung. Es war der 12. Tag des Rabi‘ al-Awwal und dieser Tag wurde zum Beginn einer neuen Zeitrechnung für alle Nach­kommenden bis zum Tage des Gerichts. Die Berechnung des Datums aller darauf folgenden Ereignisse geht von diesem Tage aus.

13. Asya, Arif Nihat, Dualar ve Aminler, (Istanbul 1973), Seite 122

Von diesem Tage an wurde Medina zum Zentrum und Spiegel für die Entwicklung und Ausbreitung des Islam. Mit der Hijra verblaßte das düstere Gesicht des Unglaubens (kufr). Die Prophetenmoschee in Medina, ebenso wie die Moschee von Quba gewannen eine ehrwürdige Bedeutung und blieben bis heute heilige Orte und Stätten der Erinne­rung an die gesegnete Auswanderung des Propheten – Allah segne ihn und schenke ihm Frieden!

Die Ansar (Helfer) genannten Bewohner Medinas teilten ihren Besitz mit den Muhajirun (Auswanderern) mit den Worten: „Dies ist mein Besitz, die Hälfte davon gehört Dir." Die Grundlagen der Brüderlichkeit im Islam, so schwer zu verwirklichen mit unserer begrenzten Opferbereitschaft und Freigiebigkeit, wurden so gelegt. Damit erlangte Medina sei­nen unsterblichen Rang in der Geschichte des Islam. Medi­na war der Ort, an dem der Adhan (Gebetsruf),der Ramadhan (Fastenmonat), die Tage des Eid (Feiertage zum Operfest und Ende des Fastenmonats), und die Zakat (Almosensteuer) zu Bestandteilen des Lebens der muslimischen Gemeinschaft wurden und es war auch Medina, die zum Schauplatz der großen historischen Schlachten wurde. All diese Riten und Ereignisse wurden zu idealen Beispielen für die Zukunft der gesamten Gemeinde (Ummah) des Propheten – möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken!

Die Schlacht von Badr endete mit der Selbst-Behauptung und dem Triumph echten Glaubens über die Kräfte des Un­glaubens (kufr). An die Stelle der Stammes-Solidarität trat das Zusammengehörigkeitsgefühl der Glaubensgemeinschaft. So trafen in der Schlacht Abû Bakr – möge Allah mit ihm zu­frieden sein – auf seinen Sohn, der auf Seiten der Ungläubi­gen kämpfte und Abû Ubayda ibn Jarrah – Allahs Wohlgefal­len sei auf ihm – traf auf seinen Vater, der ebenfalls zu den Glaubensverweigerern zählte. Hamza schließlich – möge Al­lah mit ihm zufrieden sein – stand seinem ungläubigen Bru­der von Angesicht zu Angesicht gegenüber, beide mit dem Schwert in der Hand und zum Kampfe bereit. Ein solcher Kampf unter Blutsverwandten um des Glaubens willen wä­re in vorislamischer Zeit undenkbar gewesen; ihre Schlach­ten waren fast ausschließlich Stammeskriege gewesen. Auch die Höchste Wirklichkeit (Haqqu Ta’ala) sandte eine Armee von Engeln. Jene Engel, die bei Badr an dieser von höchsten Empfindungen geprägten Auseinandersetzung teilnahmen, erlangten eine vor allen anderen Engeln ausgezeichnete Stel­lung. Um die Gläubigen vor Selbstüberschätzung und Hoch­mut zu bewahren offenbarte Allah der Erhabene nach di­esem gewaltigen Ereignis folgenden Vers:

„Und es wart nicht ihr, die sie getötet haben sondern es war Allah, der sie tötete und nicht du warst es, der geworfen hat, son­dern es war Allah, der warf, auf daß Er die Gläubigen mit einer Sei­ner Wohltaten auf die Probe stelle, wahrlich ist Allah All-Hörend und All-Wissend."14

Die Schlacht von Uhud, welche der Schlacht von Badr folgte, wurde geprägt vom Blutvergießen an Hamza, dem Onkel des Propheten – Allahs Segen und Friede seien auf ihm und seiner Familie und all seinen Gefährten. Mit Ham­za starben in dieser Schlacht insgesamt 70 der Prophetenge­fährten den Märtyrertod. Je zehn von ihnen wurden jeweils zur Verrichtung des Totengebetes (salât al-janâza) gebracht und jedesmal wurden neun von ihnen begraben und der Leich­nam Hamzas, der der zehnte war, wurde zurückbehalten, so daß er beim Totengebet aller mit eingeschlossen war. So wur­de das Totengebet über Hamza mehrfach verrichtet, der schließlich zum Inbegriff des Märtyrertums an sich wurde. Wir dürfen nicht vergessen, daß der Prophet – der Segen Al­lahs und Sein Friede seien auf ihm – diesen seinen Onkel so liebte, daß er ihn als einen Teil seines Herzens bezeichnet hatte.

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